Wie ein Pferd den Unterschied zwischen Mann und Frau energetisch wahrnimmt, wenn ein Mensch vor ihm steht.
In meinen vielen Forschungsjahren auf der Suche nach friedvollen Umgangsformen mit dem Pferd – ohne Zwang und Unterdrückungsmittel und der Natürlichkeit meines weiblichen Geschlechts entsprechend – folgte ich den Hinweisen der Pferde, die mich – wie ich meine – auf wundersame Weise darüber aufklärten, welche Kraft der Frau und welche Kraft dem Mann mehr innewohnt. Nutzen wir diese innere Kraft, können wir zu uns selbst finden, unsere individuellen Fähigkeiten entwickeln und wirklich auf uns vertrauen. Gerade dieses Selbstvertrauen ist der Schlüssel zu unserer Selbstliebe, die zum inneren Reichtum und in dieser Folge auch zur gewaltfreien Kommunikation mit unseren Mitmenschen führt.
Zuallererst schauen wir uns an, was der Begriff „Dominanz“ überhaupt bedeutet. Im Wörterbuch ist es so beschrieben: „Dominanz ist die Fähigkeit, andere zur Unterordnung zu zwingen.“ In der Biologie erklärt man es so: „Dominanz ist die Fähigkeit, andere Erbmerkmale zu verdrängen“. Und die Psychologen sprechen von Dominanzverhalten, wenn ein Individuum das Verhalten eines oder mehrerer Individuen beherrschen bzw. kontrollieren möchte.
Hier ist mir wichtig, dass Sie kurz innehalten und an eine Beziehung oder Partnerschaft denken, in der Sie sich befinden. Nehmen Sie dort eher eine dominante oder eine untergeordnete Rolle ein? Stellen Sie sich jetzt ganz urteilsfrei vor, wie Sie sich in beiden Rollen fühlen könnten.
Dabei spielt natürlich eine große Rolle, ob der dominierende Part die großartige Fähigkeit besitzt, im Sinne seines Partners lebensbejahende und uneigennützige Konzepte und ganzheitliche Ziele zu verfolgen, oder ob dieser sich mit Hilfe der Dominanz dem Gegenüber ermächtigt und ihm ausbeuterisch seine eigenen Interessen aufzwingt.
Nun schauen wir uns an, was Frauen und Männern von Natur aus als Anlage mitgegeben wurde, ob Dominanz bei beiden Geschlechtern zu den natürlichen Verhaltensweisen gehört und wie unterschiedlich Pferde auf männliche und weibliche Dominanz reagieren, so wie ich es erlebt habe.
Unser Körper ist nicht nur durch rein äußerliche Merkmale eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen, sondern die genetische Zusammensetzung ist bei Mann und Frau in vielen Punkten gänzlich unterschiedlich – um genau zu sein, sind es ca 6500 Gene, die einen Menschen entweder zur Frau oder zum Mann machen.
Dazu kommt, dass die verschiedenen Gene, die unterschiedlichen Hormone, kurz gesagt diese ganze „innere Struktur“ je nach Geschlecht auf einem völlig anderen Energieniveau schwingt – und genau das ist es, was das Pferd auf ganz natürliche Weise wahrnimmt und sich dann auch instinktiv je nach „geschlechtlicher Erkennungsschwingung“ verhält.
Falls Sie eine Frau sind, kennen Sie das vielleicht: ein Mann nimmt Ihr Pferd (nehmen wir an, es ist ein Wallach oder ein Hengst) in die Hand und macht ganz locker zwei Übungen, bei denen das Pferd keine Sekunde zögert, das Verlangte auszuführen. Danach möchten Sie mit dem Pferd die gleichen Übungen machen und obwohl Sie wirklich gut aufgepasst haben und die notwendige Bestimmtheit mit hineingeben, fängt das Pferd an, Sie in Frage zu stellen und vielleicht bedroht es Sie sogar.
So etwas passiert immer wieder und (meistens) liegt es überhaupt nicht an der Unfähigkeit der Frau, sondern einfach nur daran, dass die Art der Übung und des Trainings auf Dominanz beruht und der Mensch sich dem Pferd gegenüber dadurch auch dominant zeigen muss.
Beim Mann hat das Pferd damit kein Problem – es nimmt die männliche, dominante Energie wahr und verhält sich danach. Weil sich das Gleiche bei einer Frau aber energetisch nicht wirklich „männlich dominant“ anfühlt, sondern die Frau nur körperlich ein äusseres dominantes Auftreten imitiert, muss das Pferd ganz instinktiv die Frau in Frage stellen. Damit also ein auf Dominanz basierender Pferdeumgang oder eine auf Dominanz basierende Erziehung bei einer Frau mindestens so gut funktioniert wie bei einem Mann, muss die Frau dem Pferd die Übung eigentlich schon in einer für sie unnatürlichen dominanten – und damit auch gewaltvollen – Art abverlangen.
Könnte das Pferd unsere Sprache sprechen, würde es sich dann ungefähr so anhören:„Also was der Mann gerade eben gemacht hat, is ja ok, weil der hatte eine ganz schöne männliche Schwingung, war freundlich dabei und da er sich ziemlich dominant und kräftig angefühlt hat, konnte ich mich sofort unterordnen, weil ich weiß, dass der dann auch dominant die Löwen angehen wird, die mich eventuell draussen fressen wollen. Jetzt spüre ich aber weder männliche Kraft noch Dominanz bei Dir (Frau) und Du willst mich dominieren und ranghöher sein als ich? Du willst das auf unsere männliche Art regeln? Dann überprüfe ich als erstes Deine männliche Energie und dann sehen wir, wer von uns mehr von dieser Dominanzenerige hat…“
Je nach Persönlichkeitsstärke MUSS das Pferd also an dem Punkt beginnen, zu kämpfen, um sich als Wallach oder Hengst seinem Geschlecht nach auch würdig zu verhalten.
Weiter würde das Pferd sagen, sobald es dann die weibliche Energie wahrnimmt und die Frau ordentlich Druck macht, um vom Pferd das Gewünschte zu bekommen: „Hey, da stimmt doch was nicht, warum verhältst Du Dich so aggressiv und künstlich männlich und redest nicht mit mir, wie es eigentlich unter Deinen geschlechtlichen Vertretern üblich ist?“
Während die Frau dann die Übung mit Bestimmtheit weiter durchsetzt und zu Ende bringt, kommt es im Pferd zu einer weiteren Erkenntnis, die es folgendermaßen in unserer Sprache formulieren würde: „Oh Mann, verkehrte Welt, was stimmt denn mit der nicht, aber sie scheint es ernst zu meinen und die versteht keinen Spaß, da werd ich mich wohl unterordnen müssen und wenn sie es weiter so durchzieht, dann muss ich lernen, dass ich mir all meine natürlichen Reaktionen auf das, was ich fühle und wie wir Pferde das ausdrücken, um echte und authentische Bindungen zu schaffen, schleunigst abgewöhnen muss“.
Je nachdem, wie lange diese Diskussion um Ranghöhe andauert, wie konsequent hart der Umgang der Frau mit ihrem Pferd bleibt und je nach Persönlichkeit des Pferdes, wird die Qualität der Partnerschaft der Frau mit ihrem Pferd sein. Ist die Frau glücklich in dieser Partnerschaft, dann ist es sicher der richtige Weg für sie und alles ist gut.
Zeigt das Pferd aber fortwährend immer wieder Kampfverhalten, Widerstand oder Apathie und ist unmotiviert bei jedem Schritt, dann lade ich Sie ein, sich über Folgendes klar zu werden:
Frauen besitzen ein sehr hohes Maß an intuitiver Fähigkeit, sich auf ihr Gegenüber einzufühlen und dementsprechend emphatische und diplomatische Gespräche zu führen und Lösungen zu finden. Das ist in einer Frau so stark angelegt, weil das von der Natur so gedacht war: die Frauen regeln Zuhause alles in der Familie und ziehen die Kinder fürsorglich auf, während der Mann draußen jagt und die Familie beschützt – und bei dem von daher andere Anlagen ausgeprägt sein müssen wie Dominanz und Kraft.
Auch bei Pferden sind die Anlagen ähnlich verteilt: während die Hengste für Nachwuchs sorgen und ihr Territorium beschützen, sind die Stuten für die Fohlenaufzucht zuständig und kümmern sich dank ihrer Intuition ums Aufspüren der leckersten Gräser. Natürlich gibt es auch dominante Stuten, die ihrem Hengst ordentlich die Meinung geigen – aber nur, wenn der Hengst sich bedrohlich oder unhöflich in ihrem Bereich der Aufzucht bewegt. Stuten fordern die Hengste mit dieser Dominanz nicht permanent auf, sich zu bewegen. Für das tägliche Training, das Hengste oder Wallache untereinander pflegen, um stärker und schneller zu werden, ist in einer Herde nie die Stute zuständig. Das wäre schlichtweg unnatürlich.
In unserer modernen Gesellschaft hat sich aber vor allem in der Geschäftswelt alles so entwickelt, dass Frauen nur noch dann eine Chance haben, wenn sie mindestens so viel einstecken können wie Männer und mindestens so hart verhandeln und arbeiten können wie diese – zumindest in den Bereichen, wo es nicht um reine Muskelkraft geht. Als Waffe bleibt der Frau dann manchmal noch ihr Sexappeal, doch selbst das ist für eine Frau ein „gewaltvoller Lösungsweg“, der sie auf Dauer nicht gesund und glücklich machen wird.
In der Saliho School begegne ich dutzenden Frauen, die ihren ursprünglichen Weg verlassen mussten, um da draussen zu überleben oder mithalten zu können. Die Methoden für Pferdeumgang basieren zu 80% auf dem männlich geprägten und erfolgsversprechenden Dominanzverhalten. Jedoch spüren Frauen heute mehr denn je, dass sie durch diese künstlich angewandte Härte innerlich verwelken. Das muss aber nicht sein. Wenn Frauen den ersten Schritt wagen, sich wieder besser zu spüren und sich ihren weiblichen Fähigkeiten wie Empathie und gewaltfreier, intellektueller Kommunikation hinzugeben, dann können sie innerlich wieder heilen. Dann werden sie ihre Stärken entdecken und in sich eine ganz andere Kraft spüren als die der Dominanz.
Es ist eine Kunst, für Mann oder auch für Frau, mit einem Pferd auf so einem gewaltfreien aber authentischen und von daher unterschiedlichen Niveau zu kommunizieren, ohne dabei seine Natur zu verlassen. Von daher war und bin ich noch immer von Klaus Ferdinand Hempfling als Vorbild überzeugt, dass er der einzige ist, dem ich bisher begegnet bin und dessen Arbeit ich studiert habe, der mit Pferden völlig authentisch und mit männlicher Dominanz umgehen kann, ohne dabei gewaltvoll zu unterdrücken oder zu unterwerfen und ohne den Pferden damit ihre Würde und ihren Stolz zu nehmen. Jedoch habe ich in den vielen Jahren meines Selbststudiums mit den Pferden verstanden, dass eine Frau einfach nicht denselben Weg wie ein Mann gehen kann, wenn sie authentisch und friedvoll bleiben möchte.
Ich werde oft gefragt, warum ich dann auch meinen Schülerinnen empfehle, KFH zu lesen und zu studieren, wo er doch viel von Dominanz und dominantem Umgang spricht. Das kann ich einfach beantworten: weil meiner Meinung nach in seinen Büchern der Kern der Pferdesprache so deutlich und klar beschrieben ist wie nirgendwo sonst – trotz dem Unterschied von Mann und Frau.
In unserer Schule zeigen wir den Menschen – Männern wie Frauen – wie sie authentisch einen Zugang zu ihrem Pferd bekommen, der sich auf sehr natürliche Weise dem des Pferdeverhaltens anpasst. Der Erfolg unserer praktizierenden Schüler erstreckt sich bereits auf weitaus mehr als nur ihren Pferdeumgang. Viele verändern ihr ganzes Leben dadurch und bereichern es wieder mit ihrer weiblichen oder männlichen ursprünglichen Kraft. Sie verlassen den Kreislauf der gewohnten Gehorsamsmethoden, verbreiten diese Botschaft und helfen somit an der Entwicklung einer neuen, friedvolleren Erde.